Erforderlich scheint die Sehnsucht zu sein. Wo sie her kommt, konnte ich mir noch nicht erklären. Aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass wir das Jahr 1999 schrieben, als ich sie zum letzten Mal empfand. Und ich kann mich einfach nicht mehr erinnern, ob ich damals darüber nachdachte…
Nun zeigt sie sich wieder, einfach so taucht sie in mir auf. Ich bin ja froh, dass sie nach so langer Zeit wieder da ist, aber wir wissen: Sehnsucht hemmt den geplanten Tagesablauf, macht ihn zäh, lenkt von ihm ab. Unfair dabei ist, dass die Sehnsucht sich maskiert, geschickt und äußerst effektiv mit dem Antlitz der geliebten Person. Ich kann ihr also nicht böse sein, und verjagen will ich sie nicht, im Gegenteil. Ich setze oder lege mich hin und sehe in ihre Augen, die glänzen, Licht reflektieren, so viel davon, dass es wärmt. Es ist eine Wärme, wie sie auch von der Sonne nicht schöner scheint, sie macht den dunkelgrauen Tag lächerlich. Aber dann verschwindet sie, einfach so, lässt mich sitzen oder liegen und schon bin ich der Lächerliche. Das merke ich nicht. Ich bin noch berauscht. Klingt der Rausch ab, zeigt sich ihr wahres Gesicht, ein seichter Schmerz, ein saugender Parasit, lässt mich in mich zusammensinken. Und aus der letzten Kraft versuche ich einen Orkan werden zu lassen, der in ein Horn bläst, Dächer und Häuser bewegt und sie mir zurückbringt. Wenn Du denn nur die Sehnsucht bist, gekommen mich zu quälen, meinen Tag zu einer unproduktiven Masse zu machen; solange Du Deine Maske dabei hast, bettele ich darum, mit allem, was an Unterwerfung verfügbar ist. Ich will Dein Romeo sein, alles Leid mit einem von Genuss beseelten Lächeln überstehen. Und für jeden Schnitt und jeden Tropfen Blut will ich Dir auf Knien danken. Das schwöre ich, mit der rechten Hand auf dem Buch Deiner Religion.