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Der Flug geht durch ein gar seltsames Gebiet, voll der persönlichen Minen, vor denen schon die Eltern warnten, als sie noch hofften, warnen zu können, als sie meinten, dass es an der Zeit wäre, oder sich sogar sicher waren, dass es besonders wichtig, dringend und unverzichtbar war, und als ich nicht unempfänglicher hätte sein können.
Um mich herum wird geheiratet und sich vermehrt, und ich kann zufrieden sein, dass es bei mir anders aussieht, dies jedoch fällt mir immer schwerer. Ich frage mich gerade, ob ich dieses Blog führen würde, schliefen nebenan ein bis zwei Kinder und eine Frau. Ist dies nur ein Symptom, eine Nebenwirkung, ein Ventil, eine Möglichkeit, Narzissmus zu etablieren, wo ein schwarzes Loch klafft und sich beständig ausbreitet?
Gleichzeitig schneide ich mir ins eigene Fleisch; niemand, der an mir Interesse haben könnte, sollte einen Internetzugang haben; und diese Möglichkeit besteht natürlich nicht mehr… Denn wer über sich nachdenkt, hat offensichtlich viel zu viel Zeit. Wie sollte ich erklären, dass schreiben mein Job ist, dass ich es schon den ganzen Tag tue, und dies hier lediglich meine Möglichkeit ist, einfach mal die Gedanken fließen zu lassen, Gedanken, die nicht aus einer fiktionalen Welt kommen, sondern schlicht aus mir, ein Gegengewicht zu dem Gefühl, dass ich mich in den Seelen meiner Figuren besser auskenne, als in meiner eigenen.
Man könnte auch Psychologie studieren, um sich selbst anschließend zu therapieren. Das reimt sich, aber gut hört es sich nicht an, oder? Ich trete also in meine Minen, als da wären, Eitelkeit, äh, ja, das ist es wohl schon. Ich denke fast, andere gibt es nicht. Im Strudel meiner eigenen Selbstlügen verkleide ich die Eitelkeit, lasse sie aussehen wie Melancholie, oder Standhaftigkeit, gebe ihr bisweilen sogar die Erscheinung von Liebe zu einem anderen Menschen. Deshalb muss ich auch Geschichten erfinden, um mich nicht im Kreis meiner nicht enden wollenden Selbstreflexion zu verlieren. Das wäre dann kein schöner Anblick, der nur auf das eigene Ich bezogene Drang, Fragen zu stellen, deren Beantwortung zu neuen Fragen führt, deren Beantwortung zu neuen Fragen führt, die womöglich nur durch Fragen nicht wirklich beantwortet werden können… und so weiter und so fort…
Da ist es schon schöner, Figuren zu erfinden, die einen vertreten, an meine Stelle treten, ganz und gar, die ich genauso wenig bewerten möchte, wie mich selbst, denen ich Fragen stellen darf, noch und nöcher, denen ich Löcher in den Bauch frage, und mich doch jederzeit davonstehlen darf, wenn es mir zu viel wird, wenn ich eine Pause brauche. Ihr Leben bleibt dann stehen, anders als meines, und geht erst dann weiter, wenn ich es möchte, wenn ich wieder so weit bin.
Die Wirklichkeit ist mir da viel zu unbarmherzig. Schon wieder ist ein Zwölftel eines gerade noch nicht angebrochenen Jahres vorbei, und mir hat sich viel zu wenig geändert.
Vor einer halben Stunde dachte ich, ich wäre gern ein Arschloch. Aber das ist völliger Unsinn; niemand ist vor sich selber ein Arschloch, sondern immer nur vor den Erwartungen eines anderen. Ich kam darauf weil mir jemand sagte, er würde immer wieder an Arschlöcher geraten. Dabei ist es doch so: Wie jemand mit mir umgeht, wird zum größten Teil davon beeinflusst, welche Möglichkeiten, welchen Spielraum ich demjenigen gebe. Und ob das dann das Verhalten eines Arschlochs ist, sehe ich nur im Spiegel meiner Erwartungen. Weil aber der andere von diesen Erwartungen nichts wissen konnte, bleibt das fertige Bild mein eigenes Geheimnis.

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