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Gestern erwähnte ich, dass wir Menschen irgendwann begannen, uns für wichtig zu halten. Dies führte auch zu Dingen, wie Zurückhaltung, Schüchternheit und also auch zu Mut als Auflehnung dagegen. Ich persönlich arbeite noch an der Auflehnung, aber das wäre jetzt wieder zu persönlich ;o)…
Ich kenne einen Hund namens Balu, der neulich, als ich seine (wie lautet noch der Plural von “Herrchen”?) besuchte, zu mir kam, mich anstubste und sich dann auf meine Füße legte. Das rührte mich und später fragte ich mich, warum.
Heute sah ich mir einen Film an, in dem ein Vater nach fünfzehn Jahren seinen geistig behinderten Sohn kennenlernt. In einer Szene sitzen die beiden auf einer Parkbank und plötzlich, ohne jede “Vorwarnung”, legt der Junge seinen Kopf an die Schulter seines Vaters. Auch dieser schien nicht nur verunsichert, sondern auch gerührt. Und da fiel es mir ein:
Es ist diese ganz direkte und natürliche Äußerung von dem, was wir inzwischen Gefühle nennen, weil es in unserer Welt etwas Seltenes ist, dass wir nicht oft erleben, weil wir es uns wegzivilisiert haben. Wir können von Glück sagen, dass wir es so vermissen, dass es so wichtig für uns als Lebewesen ist, sonst hätten wir womöglich schon längst aufgehört, darum zu kämpfen. Und überall liefen Haustiere herum, verhungert und ohne Zuhause.
Aber für viele ist dieser Kampf sehr schwer. Wir haben Angst, vor dem was vielleicht passiert, oder was nicht, und davor, dass wir dem dann nicht gewachsen sein werden (das hat wieder mit diesem dummen Bewusstsein von Zeit zu tun). So kann es passieren, dass wir auch dem höchsten Lichtschutzfaktor misstrauen und anfangen, jedes Sonnenlicht zu meiden.
Aber dann kommt der Tag, an dem wir in zwei völlig fremde Augen blicken, die Muskeln unseres Gesichts auf ein völlig fremdes Lächeln ganz und gar und unter Umständen sogar lächerlich einflusslos reagieren, und wenn es ein guter Tag ist, schaffen wir den Sprung über unsere anzivilisierte Schüchternheit, unsere Ich-Bezogenheit, die uns glauben macht, es hätte irgendeine verheerende Folge, sprächen wir dieses fremde Wesen an. Und wir tun es einfach, lassen alle Zweifel fahren und es darauf ankommen, weil zum Beispiel das Bewusstsein, nichts zu verlieren, aber alles gewinnen zu können, endlich Ãœberhand erreicht hat. Und wenn der Tag mal wieder eher ein Missgriff ist, wie es bei mir war, erstarren wir in Ehrfurcht vor dem so unbegründeten wie deutlich sicheren Gefühl, dass dieses Wesen vor uns etwas spiegelt, was ein Teil von uns ist, dass wir auf irgendeine völlig unerklärliche Weise fest zusammen gehören, selbst dann, sollten wir uns niemals auch nur kennenlernen. Und was uns bleibt, ist der lächerliche Wunsch, dass sie zu uns kommt und uns anstubst. Gut, sie muss sich uns ja nicht gleich auf unsere Füße legen, aber vielleicht legt sie uns ihren süßen Kopf auf das Knie, schließt die Augen, dass es uns eine Träne ins Auge rührt. Und dann können wir gar nicht anders, und erleichtert legen wir ihr unsere Hand auf den Kopf und kraulen ihr den Nacken, seufzen, wenn ihr ein leises genießerisches Grunzen entfährt, so ganz natürlich, so gänzlich frei begehrend, so völlig „unzivilisiert“ entwaffnend schön.

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